Jugendlichen-Projekt – Projektbeschreibung

Bindung, Lernmotivation und psychische Belastung bei Jugendlichen nach dem pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen: Können sichere Bindungen gegen Motivationseinbußen und psychopathologische Belastung schützen?

Durch Schulschließungen, Distanz- und Wechselunterricht waren Kinder und Jugendliche besonders stark von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen. In der Folge stieg die Belastung Jugendlicher durch internalisierende und externalisierende Störungen in Deutschland und international deutlich an (Koenig et al., 2021; Racine et al., 2021). Da die Belastung durch Psychopathologie bei Vorliegen sicherer Bindungsrepräsentationen und -strategien geringer ist, stellt sich die Frage, inwieweit der Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der erlebten Kontakteinschränkungen (Distanzunterricht, Quarantäne) durch unterstützende Beziehungen mit Eltern und Gleichaltrigen moderiert wird. Gleichzeitig liegen bisher kaum Befunde zu den Auswirkungen der Pandemieschutzmaßnahmen in Schulen auf die intrinsische und extrinsische Motivation jugendlicher Schüler vor. Diese Lücke soll durch eine Studie zur Betroffenheit durch Kontaktbeschränkungen und dem Umgang damit, zum Motivationsstatus, Bindung zu Eltern und Gleichaltrigen und zur psychopathologischen Belastung von Schülern mit und ohne Inanspruchnahme kinder- und jugendpsychiatrischer und psychotherapeutischer Angebote im Herbst 2021 geschlossen werden. In diesem Zeitraum ist verlässlicher Präsenzunterricht in den Schulen seitens der Kultusministerien zugesagt.
70 Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren werden die deutsche Version des Inventory of Parent and Peer Attachment (Armsden & Greenberg, 1987; Zimmermann, 1992), die deutsche Version des Academic Self-Regulation Questionnaire for Adolescents (Gnambs & Hanfstingl, 2014; Ryan & Deci, 2020), sowie die deutsche Version des Youth Self Report (Achenbach, Ivanova, & Rescorla, 2017) vorgelegt. Zur Erfassung der Bindungsrepräsentation hinsichtlich der Beziehungen zu den Eltern wird ein semiprojektives Interview, das Adolescent Separation Anxiety Interview (ASAI; Brown & Wright, 2003; Richard, Fonagy, Smith, Wright, & Binney, 1998) eingesetzt. Die Jugendlichen werden zudem über das Ausmaß der Betroffenheit durch verschiedene Kontaktbeschränkungsmaßnahmen und dem Umgang damit interviewt. Die Rekrutierung erfolgt in einer ländlichen Region Bayerns an weiterführenden Schulen sowie in einer kinder- und jugendpsychiatrischen und mehreren kinder- und jugend-psychotherapeutischen Praxen und Ambulanzen.
Nach Abschluss der Datenerhebungen werden die Zusammenhänge zwischen Belastung durch Kontaktbeschränkungen, intrinsischer Motivation und Internalisierungsprozessen sowie Psychopathologie statistisch überprüft. Eine Replikation des Zusammenhangs zwischen Bindung zu Eltern und Peers einerseits und internalisierenden und externalisierenden Störungen andererseits wird ebenso getestet wie die Funktion von Bindung als Schutzfaktor in dieser allgemeinen Herausforderungssituation.
Die Erkenntnisse der Studie sollen zur zielgenaueren Erarbeitung von Maßnahmen zur Förderung der Bindungsbeziehungen und der intrinsischen Motivation nach den Pandemiemaßnahmen genutzt werden. Durch eine Stärkung von Bindungsbeziehungen, ggf. im Rahmen von bereits begonnenen psychotherapeutischen Interventionen, soll Jugendlichen, insbesondere solchen mit manifester Belastung durch psychische Störungen eine Rückkehr in die schulische und soziale Normalität nach der Pandemie erleichtert werden. Darüber hinaus dient die Studie dem Vergleich verschiedener Methoden zur Erfassung von Bindung im Jugendalter per Fragebogen vs. Interview.

Projektleitung:
Dr. Johanna Behringer, Prof. Dr. Gottfried Spangler

Bachelorandinnen und Masterand*innen im Projekt:
Timo Jansson, Tina Kopp, Anna Lachmann, Fiona Nicolosi, Marc Scholz, Laura Birkigt